Erinnerung an die Seenotretter-Anfänge

Am 29. Dezember ist ein seltenes Zeugnis der Seenotretter-Geschichte nach Norderney zurückgekehrt, das an das erste Rettungsboot auf der Insel erinnert.

130 Jahre nach einer großzügigen Spende aus Düsseldorf an die Seenotretter auf Norderney ist am Freitag, 29. Dezember 2023, ein besonderes Zeugnis dieser freiwilligen Zuwendung auf die Insel zurückgekehrt. Im historischen Rettungsschuppen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) am Weststrand befindet sich nun wieder ein massives Messingschild, das an das 1893 dort stationierte erste Ruderrettungsboot mit Namen FÜRST BISMARCK erinnert.

Die 5,6 Kilogramm schwere, 33 mal 42 Zentimeter große Tafel berichtet, dass der Düsseldorfer Stammtisch „Zum Fürsten Bismarck“ das Boot 1893 für die DGzRS-Station Norderney-West finanziert hat. „Solche Schilder wurden damals angefertigt, um auf den Stationen von den Stiftern zu künden. Ein ganz ähnliches Schild hängt zum Beispiel im Rettungsschuppen Horumersiel“, weiß Frank Kahl, ehrenamtlicher Mitarbeiter der Seenotretter auf Norderney.

 

„Die Tafel gehört nach Norderney“

Für ihn ist die Rückkehr des Norderneyer Schildes – wann und wie es die Insel verlassen hat, ist nicht mehr zu rekonstruieren – ein großer Glücksfall. Zu verdanken ist sie Karl Seelig aus Neuss. „Die Tafel gehört nach Norderney“, sagt der 89-Jährige. Der schon immer maritim interessierte Zigarren- und Tabakkaufmann hatte sie auf einem Flohmarkt erworben – zwar noch lesbar, aber mit dicken Schichten silberner und schwarzer Farbe überzogen.

Rückkehr eines 130 Jahre alten Spendenschildes in den historischen Rettungsschuppen der Seenotretter auf Norderney am 29. Dezember 2023: Frank Kahl, ehrenamtlicher Mitarbeiter, und Eilt Wessels, Mitglied des beschlussfassenden Gremiums der DGzRS. (Foto: DGzRS)

Das sollte sich vor der Rückkehr nach Norderney ändern. Dabei halfen die Fachleute der DGzRS-eigenen Werfthalle in Bremen. Sie stellten Kontakt her zum Metallveredelungs-unternehmen Fais aus Vaihingen an der Enz. Es übernahm die chemische Entlackung und Aufarbeitung – kostenfrei für die DGzRS. „Was die Seenotretter auf Nord- und Ostsee leisten, ist eine wirklich gute Sache. Das unterstützen wir sehr gern“, sagt Galvanomeister Alexander Fais.

 

Vom Stammtisch auf die See

Für die DGzRS hat das Messingschild nicht nur aufgrund seiner heutigen Seltenheit besonderen Wert, sondern auch aufgrund der Spendengeschichte: Rund 40 Kaufleute und Industrielle um August Bagel und Fritz Henkel sowie Künstler um Max Volkhart und Heinrich Deiters gründeten 1881 in einer Düsseldorfer Gastwirtschaft den liberaldemokratischen, überparteilichen Stammtisch „Zum Fürsten Bismarck“. Er betätigte sich gesellschaftlich und gemeinnützig. 1893 stellte der Maler Max Volkhart dafür eines seiner Werke zur Verfügung. Der Stammtisch beschloss, den Erlös von 2.850 Mark den Seenotrettern zu spenden.

Die DGzRS ließ damit ein neues Ruderrettungsboot für die Station Norderney-West bauen. Es wurde zum Dank FÜRST BISMARCK getauft. Der noch heute dort erhaltene Nachfolger hatte 1913 seinen bei einem Einsatz schwer beschädigten Vorgänger ersetzt. Die 1893 erbaute FÜRST BISMARCK war nicht die erste Rettungseinheit der DGzRS, die von Düsseldorfern finanziert wurde. Bereits 1891 erhielt die Ostseestation Pillau das Ruderrettungsboot DÜSSELDORF.

 

Über die Seenotretter

Die DGzRS ist zuständig für den maritimen Such- und Rettungsdienst in den deutschen Gebieten von Nord- und Ostsee. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben hält sie rund 60 Seenotrettungskreuzer und -boote auf 55 Stationen zwischen Borkum im Westen und Usedom im Osten einsatzbereit – rund um die Uhr, bei jedem Wetter. 180 fest angestellte und rund 800 freiwillige Seenotretter fahren Jahr für Jahr mehr als 2.000 Einsätze. Die gesamte unabhängige und eigenverantwortliche Arbeit der Seenotretter wird ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen finanziert, ohne Steuergelder. Seit Gründung der DGzRS 1865 haben ihre Besatzungen rund 85.000 Menschen aus Seenot gerettet oder drohenden Gefahren befreit. Schirmherr des Rettungswerkes ist der Bundespräsident.

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