Bedrohter Vogel des Jahres

Die Bestände von Braunkehlchen und Kiebitz schrumpfen, wie der NABU Ostfriesland warnt und zugleich Tipps gibt, um das Vogelgezwitscher auf Ostfrieslands Grünflächen zu erhalten.

Ostfriesland – 2024 wird der Kiebitz das Braunkehlchen als neuer Träger des begehrten Titels „Vogel des Jahres“ ablösen. Ein Wechsel, der angesichts der Gemeinsamkeiten der beiden Vögel von Anfang an nicht unwahrscheinlich war. Beide Vögel gehören zu den Wiesenvögeln – früher in Ostfriesland fast flächendeckend verbreitet, heute fast verschwunden.

Dabei trägt Niedersachsen, und hier insbesondere Ostfriesland, eine besondere Verantwortung für den Erhalt der Wiesenvögel. Feuchtwiesen, Moore, Wiesenniederungen: rund 100.000 Hektar Fläche sind in Niedersachsen als EU-Vogelschutzgebiete mit besonderer Bedeutung für Wiesenvogelarten gemeldet. Damit ist diese besondere Verantwortung längst zur internationalen Schutzverpflichtung geworden.

Doch gerade in diesen Gebieten ist die Situation katastrophal. Ob im Rheiderland, in den Marschen am Jadebusen, in Butjadingen oder in den Raddetälern, überall gehen die Wiesenvogelbestände zurück. Damit wird gegen die EU-Vogelschutzrichtlinie verstoßen, ohne dass daraus Konsequenzen gezogen werden.

 

Braunkehlchen und Kiebitz stark bedroht

Als Langstreckenzieher legt das Braunkehlchen jeden April mehr als 5.000 Kilometer zurück, um in den Bodennestern blütenreicher Wiesen und Brachen zu brüten. Seine Reviere liegen in Niedersachsen vor allem in den Naturräumen Ostfriesland, Lüneburger Heide, Wendland, Stader Geest und Weser-Aller-Niederung. Braunkehlchen nutzen einzelne Büsche, hohe Stauden oder Zaunpfähle als Sing- und Ansitzwarte. Noch vor wenigen Jahrzehnten konnten sie hier in großer Zahl beobachtet werden. Für das Überleben der Art sind ungemähte, feuchte Wiesen, und Blühstreifen notwendig. Weil diese Lebensräume immer mehr verschwinden, ist das Braunkehlchen in Niedersachsen inzwischen fast ausgestorben.

Auch um den Kiebitz ist es schlecht bestellt. Früher auf allen Wiesen und Feldern anzutreffen, sucht man den auffälligen Gefiederten heute vergeblich. Immer der Gefahr ausgesetzt, zwischen die Messer der landwirtschaftlichen Mähmaschinen zu geraten, brütet er heute notgedrungen auf Äckern und Wiesen. Insekten als Nahrung findet er dort kaum noch.

Kiebitz (Foto: 3238642, pixabay.com, CC0)

Der Umbruch von Grünland in Ackerland und die Entwässerung vieler Feuchtbiotope zur Intensivierung der Landwirtschaft haben bedrohliche Folgen für den Kiebitz, unseren Vogel des Jahres 2024, und andere Wiesenvogelarten. „Der Kiebitz steht seit 2016 als stark gefährdete Art auf der Roten Liste, in Niedersachsen sogar schon seit 2015. Da der Kiebitz eigentlich vor allem in Mooren und Feuchtwiesen zu Hause ist, hat Niedersachsen mit 38 Prozent der Moorflächen bundesweit eine große Verantwortung für den Naturschutz“, betont Jan Fuchs vom NABU Ostfriesland.

 

Stunde der Wintervögel vom 5. bis 7. Januar 2024

Vom 5. bis 7. Januar 2024 laden der NABU und sein bayerischer Partner LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) zur mittlerweile 14. „Stunde der Wintervögel“ ein. Dann heißt es wieder: eine Stunde lang Vögel zählen und melden! Die mit der Citizen-Science-Aktion gewonnenen Daten über die heimische Vogelwelt helfen dabei, die Situation von Vögeln in Städten und Dörfern besser einzuschätzen.

Ihre Beobachtungen können sie dann unter www.stundederwintervoegel.de oder in der App „NABU Vogelwelt“ bis zum 15. Januar melden. Telefonische Meldungen sind am 6. und 7. Januar 2024 jeweils von 10 bis 18 Uhr unter der kostenlosen Telefonnummer 0800-1157-115 möglich.

 

Futterplätze helfen

Der frühe und heftige Wintereinbruch Ende November stellte kein Problem für Amsel, Meise, Sperling und Co. dar. Ein langanhaltender Temperatursturz mit viel Schnee wäre eher am Ende des Winters kritisch, wenn die Energiereserven der Vögel und das natürliche Futterangebot schon weitgehend aufgebraucht sind. „Mit qualitativ hochwertigem Vogelfutter lassen sich die Tiere besonders bei kalten Temperaturen und Schnee unterstützen. Sonnenblumenkerne und Samenmischungen sowie Fettfutter sind dann willkommene Energiequellen, die viele Vogelarten gerne annehmen“, so Jan Fuchs.

Aber auch bei milderen Temperaturen dürfe gerne gefüttert werden, betont Fuchs. Dabei gelte es jedoch einige Grundregeln zu beachten: „Das Wichtigste ist die Hygiene am Futterplatz: Massenfutterplätze, wie klassische Vogelhäuschen, sind keine gute Sache. Dort kommen viele Vögel miteinander in Berührung oder gar mit dem Kot anderer Tiere, wodurch schnell Infektionsherde entstehen können. Aufgrund der Kanten und Ritzen können sich Krankheitserreger einnisten, kann sich Feuchtigkeit halten und somit das Futter aufquellen, schimmeln und verderben.“ Besser geeignet sind Futterröhren, in denen die Kerne und Samen nachrutschen, ohne feucht oder verunreinigt zu werden. Auch freihängende Fettkolben oder -knödel haben sich bewährt.

Der NABU Niedersachsen hat zur Winterfütterung ein kleines Info-Paket zusammengestellt: Dieses umfasst die umfangreiche Bauplansammlung für Futtergeräte und die ausführliche Farbbroschüre zur Vogelfütterung des Landesbundes für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV) mit vielen praktischen Tipps. Das Paket lässt sich gegen die Einsendung eines 5-Euro-Scheins beim NABU Niedersachsen anfordern, Stichwort „Vogelfütterung“, Alleestr. 36. 30167 Hannover.

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