Klinik-Aus für Norden

Der Kreistag entscheidet, dann informiert die Trägergesellschaft: Die Umwandlung des Norder Krankenhauses in ein Regionales Gesundheitszentrum steht bevor.

Das Krankenhaus in Norden soll aus finanziellen Gründen zum 1. Juli in ein Regionales Gesundheitszentrum umgewandelt werden. Die Bauarbeiten der in Uthwerdum geplanten Zentralklinik haben noch nicht einmal begonnen. Somit wäre Norden und Umgebung auf Jahre ohne eigenes Krankenhaus. Rückendeckung für diese umstrittene Entscheidung erhielt der Landkreis Aurich nun vom niedersächsischen Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD).

„Aufgrund der stark rückläufigen Fallzahlen in Norden ist es dem Träger nicht möglich, Fachärztinnen und Fachärzte für diesen Standort zu rekrutieren“, so Philippi in einer Erklärung. „Bei durchschnittlich nur rund 10 somatischen Patientinnen und Patienten pro Tag ist eine 24/7 Krankenhausversorgung weder wirtschaftlich tragfähig noch medizinisch sinnvoll.“

 

Aktionsbündnis weist Begründung zurück

Das im Mai gegründete Aktionsbündnis zum Erhalt des Krankenhauses Norden weist diese Rechtfertigung zurück. Die Sprecherin des Bündnisses, Anke Lohmann: „Statt dem Briefing der Kreisverwaltung zu glauben, sollte Philippi besser nach deren Versäumnissen fragen.“ Die offiziellen Fallzahlen im Krankenhaus Norden für das Jahr 2021 befänden sich mit 6.491 behandelten Patienten im durchschnittlichen Bereich. Es hätte den Gesundheitsminister in Alarmstimmung versetzen müssen, dass sich die Fallzahlen des Norder Krankenhauses binnen eines Jahres halbiert haben sollen und aus einem Defizit von rund 5 Millionen für beide UEK-Standorte in Aurich und Norden ein Verlust von 12 Millionen allein für das Krankenhaus Norden geworden sein soll.

Das Bündnis weist darauf hin, dass die angrenzenden Landkreise Wittmund und Leer ihre Krankenhausaufgaben Jahr für Jahr vergleichsweise prädikatswürdig erledigen würden, während die Auricher Verwaltung seit Jahren in der Krankenhausaufgabe nur Defizite produziere und insbesondere die stationäre Versorgung im Altkreis Norden nicht bedarfsgerecht geregelt bekomme.

 

Steiniger Rechtsweg

Das Verwaltungsgericht Oldenburg hatte Mitte Juni den Antrag auf einstweilige Anordnung zum Weiterbetrieb des Krankenhaus Norden abgelehnt. Begründet wurde dies damit, dass das Aktionsbündnis nicht klageberechtigt sei, wogegen es Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg eingelegt hat.

Der Rat der Stadt Norden hatte sich in seiner Sitzung am 31. Mai 2023 mit der Umwandlung des Norder Krankenhauses in ein Regionales Gesundheitszentrum befasst. Bürgermeister Florian Eiben (SPD) schilderte, die Norderinnen und Norder fühlten sich verraten, nachdem ihnen beim damaligen Bürgerentscheid versprochen wurde, dass bis zur Inbetriebnahme der Zentralklinik die Grund- und Regelversorgung aber auch die Notfallversorgung im Norder Krankenhaus erhalten bleiben werde.

Der Verwaltungsausschuss der Stadt Norden hatte einstimmig beschlossen, die Entscheidung der Trägergesellschaft zur Umwandlung des Norder Krankenhauses juristisch prüfen zu lassen. Die Stadt Norden sprach sich für den Erhalt der Notfallversorgung und eine personelle Verstärkung im Norder Krankenhaus aus.

 

Der Kreistag entscheidet

Der Kreistag des Landkreises Aurich entscheidet über die Zukunft des Norder Krankenhauses in seiner Sitzung am morgigen 28. Juni 2023 um 15:00 Uhr in der Stadthalle Aurich. Das Aktionsbündnis hat dafür einen Bus bereitgestellt, der am 28. Juni um 13:30 Uhr am Mittelmarkt in Norden abfährt. Die Rückreise erfolgt um 18:00 Uhr ab Aurich, Stadthalle.

Der Norder Künstler Michael Guinand (Mitte) mit seinen Werken und den Sprechern des Aktionsbündnisses, Anke Lohmann und Knut Richter. (Foto: Walter Zuber)

Unterstützung erhielt das Aktionsbündnis diese Woche durch den Norder Künstler Michael Guinand. Er malte bereits 2018 das Portrait „Was bleibt?“, das den damaligen Landrat Harm-Uwe Weber (SPD) mit Schwesternhaube zeigt. Mit ihm begann der neoliberal geprägte und forcierte Um- und Abbau der medizinischen Versorgung in Norden und die Konzentration der klinischen Ressourcen in Aurich, so Guinand. Weber wurde bei der nächsten Wahl vom heutigen Landrat Olaf Meinen (parteilos) abgelöst, der für den endgültigen Vollzug der Klinikschließung in Norden verantwortlich sei.

Das Engagement des „Aktionsbündnisses Norden“ und die Demonstration für den Erhalt des Krankenhauses veranlassten Guinand, auch vom derzeitigen Landrat Meinen ein Portrait mit dem Titel „Was bleibt? II“ anzufertigen. Beide Portraits sollen dem Ostfriesischen Landesmuseum in Emden als Schenkung überlassen werden, die von möglichst vielen Menschen, Einrichtungen und Betrieben finanziell unterstützt wird. Für diesen Zweck gespendete Gelder gehen zu 100 Prozent an das Aktionsbündnis Norden, um die juristischen Auseinandersetzungen führen zu können. Das Konto lautet:

Aktionsbündnis Krankenhaus Norden, IBAN: DE37 2836 1592 6308 0524 00, BIC: GENODEF1MAR, Verwendungszweck „Schenkung O-L-M“

 

Informationsveranstaltung am 6. Juli

Die UEK-Trägergesellschaft wird wie angekündigt über die weiteren Schritte und das Konzept des Regionalen Gesundheitszentrums (RGZ) am Standort Norden am 6. Juli 2023 von 17 bis 19 Uhr im Theatersaal der Oberschule Norden im Rahmen einer Informationsveranstaltung berichten. Neben der Geschäftsführung wird die Trägergesellschaft durch den Transformationsbeauftragten und einen ärztlichen Kollegen vertreten sein. Landrat Meinen hat sich ebenso angekündigt wie Vertreterinnen und Vertreter des Aktionsbündnisses, die im Publikum vertreten sein werden.

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