Wachwechsel auf Norderney

Wachwechsel bei den Seenotrettern der DGzRS auf Norderney: Die dortige Station hat mit Heiko Erdwiens einen neuen Vormann.

Die Seenotretter auf Norderney haben einen neuen Vormann: Heiko Erdwiens hat das Amt von Peter Henning übernommen. Nun leitet ein gebürtiger Borkumer die Station der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) auf der zweitgrößten ostfriesischen Insel.

Heiko Erdwiens ist ein Inselkind. Er ist dort geboren und aufgewachsen, wo sich andere hinträumen: auf Borkum. Der Strand ist für den Lütten eine riesige Sandkiste und die Nordsee ein unendlich großer Abenteuerspielplatz. Früh nimmt ihn sein Onkel und Seenotretter Christian Erdwiens mit, wenn er mit seinem Motorboot ausläuft. Die ungezählten Stunden auf See lassen bei Heiko Erdwiens eine tiefe Sehnsucht nach dem Meer heranreifen. Sie sind auch der Ursprung für sein großes Wissen über die gefährlichen Seegatten zwischen den Ostfriesischen Inseln, den dortigen Untiefen und Sandbänken. Seit dieser Zeit hat er eines verinnerlicht: Verliere nie den Respekt vor der gewaltigen Kraft der Natur.

Heiko Erdwiens (l.) hat Peter Henning als Vormann auf der DGzRS-Station Norderney abgelöst. (Foto: Die Seenotretter – DGzRS, Frank Kahl)

Warum er bis heute ohne die frische Brise der Nordsee nicht auskommen kann, dafür fehlen Heiko Erdwiens die Worte. Die Liebe zur See steckt einfach von klein auf in ihm, genauso wie seine enge Verbundenheit mit den Seenotrettern. Bereits als 14-Jähriger steigt er bei ihnen ein, muss sich allerdings noch zwei Jahre gedulden, bevor er gemeinsam mit ihnen rausfahren darf. Der damals auf Borkum stationierte Seenotrettungskreuzer ALFRIED KRUPP wird für ihn zu einem zweiten Zuhause: „Ich habe sehr viele Dienste an Bord übernommen, auch weil mein damaliger Chef sehr kulant war“, erinnert sich 38-Jährige.

Als der gelernte Klempner im Frühsommer 2006 mal wieder „stempeln“ muss, weil die Arbeiten an den Häusern auf der Insel während der Feriensaison ruhen, hört er von einer freien Stelle auf der DGzRS-Station Norderney. Wenige Wochen später steht der Quereinsteiger erstmals als fest angestellter Seenotretter an Deck des Seenotrettungskreuzers BERNHARD GRUBEN. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht: „Ich mag meine Arbeit, ich tue etwas Gutes. Es macht mir einfach unheimlich viel Freude, anderen Menschen zu helfen.“ In seine neue Rolle als Vormann hat er sich schnell eingefunden: Mit großer Leidenschaft und Freude leitet er die Station und kann dabei jederzeit seinen Vorgänger Peter Henning um Rat fragen.

 

Mit dem Herzen dabei

Peter Henning ist ebenfalls ein Kind der Nordseeküste. Der 57-Jährige lebt seit seiner Geburt im malerischen Fischerdorf Neuharlingersiel. Das geschäftige Treiben am Hafen mit den ein- und auslaufenden Kuttern, dem Möwengeschrei und dem Geruch nach frischem Fisch prägen ihn früh. Als Junge ist er wie viele andere Kinder aus dem Ort oft im Wattenmeer zwischen dem Festland und den Inseln mit dem Motorboot unterwegs, um Makrelen zu angeln. Mit 16 Jahren fängt er eine Ausbildung zum Fischer an, schließt die Meisterschule erfolgreich ab und macht sein Kapitänspatent.

Fast zehn Jahre lang fängt Peter Henning in der Deutschen Bucht kistenweise Plattfische und Granat, bevor er als Schiffsführer beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) anheuert. Dort steckt er gemeinsam mit seinen Kollegen unter anderem Prickenwege ab, versorgt die Baustellen auf See mit Material und hält Außentiefs für den Schiffsverkehr frei. Nach zwei Jahrzehnten auf den NLWKN-Schiffen sucht er eine neue Herausforderung und findet diese 2011 bei den Seenotrettern auf Norderney – da kennt er deren Arbeit bereits seit vielen Jahren aus seinem langjährigen freiwilligen Engagement auf der DGzRS-Station in seinem Heimatort.

Peter Henning erlebt viel auf See, bis er schließlich vor kurzem aus gesundheitlichen Gründen für immer von Bord des Seenotrettungskreuzers EUGEN gehen muss – mit Wehmut, aber auch mit vielen Erinnerung an erfolgreiche Einsätze. Besonders im Gedächtnis geblieben ist ihm die Rettung fünf stark unterkühlter Mädchen in buchstäblich letzter Sekunde. Im Mai 2008 waren die Zehn- bis 14-Jährigen bei einer Wattwanderung in Lebensgefahr geraten. Noch heute sieht und spricht er sie gelegentlich, wenn sie wie damals auf dem Campingplatz in Neuharlingersiel direkt hinterm Deich ihren Urlaub verbringen – „ohne uns wäre das nicht mehr möglich“, sagt er nachdenklich. Auch wenn er nun nicht mehr als Rettungsmann rausfahren kann, bleibt Peter Henning im Herzen ein Leben lang Seenotretter.

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