Ostfrieslands wirtschaftliche Zukunft

Ringen um die Zukunft der ostfriesischen Wirtschaft: Die Ostfriesland-Pläne der SPD und des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums.

Es hat nicht erst die Corona-Pandemie gebraucht, um Ostfrieslands Wirtschaft in eine Krise zu stürzen. Einer der größten deutschen Windanlagenhersteller und wichtigsten Arbeitgeber in der Region ist Enercon mit Stammsitz in Aurich. Enercon kämpft mit stagnierendem Ausbau der Windkraft und hatte im Herbst 2019 einen Umbau angekündigt, der bis zu 3000 Arbeitsplätze kosten könnte.

Umgebaut wird auch die Produktion im VW-Werk Emden. Nachdem es komplett auf E-Mobilität umgestellt hat, soll ab 2022 dort das Elektro-Sportgeländewagen ID.4 entstehen, später weitere rein elektrische Modelle. Die Auswirkungen dieser Umstellung seien noch nicht wirklich klar, so die Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostfriesland und Papenburg. Die Meyer-Werft in Papenburg (Kreis Emsland) trifft die Krise der Kreuzfahrtbranche wegen der Corona-Pandemie.

Ein Elektromobil der Marke Tesla an einer Ladesäule. (Foto: Tesla)

Sicher ist, dass sich dieser Strukturwandel weit über Aurich und Emden hinaus auch im Altkreis Norden bemerkbar machen wird. Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) hatte im November ein Hilfspaket in Aussicht gestellt. Er versprach einen Ostfrieslandplan auch weil sich die Hoffnung auf eine Tesla-Ansiedlung zerschlagen hatten. Der US-amerikanische E-Auto-Konzern Tesla hatte sich bei der Suche nach einem Fertigungsstandort für Berlin-Brandenburg und gegen Ostfriesland entschieden.

 

15 Mio. Euro für Ostfriesland

Um den bevorstehenden Strukturwandel in Ostfriesland zu meistern, wird Niedersachsen nun also 15 Millionen Euro ausgeben. Den Startschuss dazu gab Althusmann am Donnerstag, 23.07.2020 in Emden. Mit einer Million Euro wird nach Angaben des Wirtschaftsministeriums zunächst eine Projektfabrik gefördert. In diesem Think Tank des Vereins Wachstumsregion Ems-Achse sollen zusammen mit der Hochschule Emden/Leer innovative Ideen für Unternehmen vor Ort entstehen.

Die 2006 gegründete Wachstumsregion Ems-Achse ist ein Bündnis von Unternehmen, Kommunen, Bildungseinrichtungen, Kammern und Verbänden in Ostfriesland, im Emsland und in der Grafschaft Bentheim. Das Ziel ist die Profilierung einer gemeinsamen Wirtschaftsregion, Stärkung des Wirtschaftswachstums und Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen.

Der Förderplan für Ostfriesland erinnert an das Südniedersachsen-Programm. Dabei wurden bislang 37 Projekte mit einem Volumen von mehr als 100 Millionen Euro bewilligt, um Probleme wie Überalterung oder hohe Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen.

 

Ostfrieslandplan der SPD

Die SPD war Althusmann in der vorigen Woche mit einem eigenen Ostfrieslandplan zuvorgekommen. Die Bundestagsabgeordneten Johann Saathoff, Markus Paschke und Siemtje Möller sowie die Landtagsabgeordneten Matthias Arends, Johanne Modder und Wiard Siebels stammen allesamt aus der Region. Unter der Überschrift „Zukunft. Ostfriesland.“ stellten sie am 17. Juli 2020 ihre „Leitideen für eine erfolgreiche und nachhaltige Entwicklung der Region“ vor.

Ein Weizenfeld in Norden-Westermarsch. (Foto: gf / cc-by-sa)

Sie fordern, beim Strukturwandel besonders auf die Herausforderungen des Klimawandels und der Digitalisierung zu achten. Die Abgeordneten wollen mit der Automobilindustrie und ihren Zulieferern, die erneuerbaren Energien, die maritime Wirtschaft und den Tourismus als wichtigste Arbeitgeber in Ostfriesland stärken. Auch in der Landwirtschaft und bei der Küstenfischerei gilt es „die Weichen für die Zukunft zu stellen. Die Grundlage für die erfolgreiche Transformation der einzelnen Branchen ist der Ausbau der Infrastruktur, der Energieversorgung und der Bildung“, wie es in dem SPD-Papier heißt.

Konkret fordern sie die Ansiedelung einer Batteriezellenfabrik in Verbindung mit einem Ausbau der Stromverteilnetze, Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien, allen voran Windkraft und Wasserstoff. Der Emder Hafen soll für den klimafreundlichen Schiffsbau gerüstet werden. Der Tourismus soll mit gezielten Hilfen durch die Corona-Krise gebracht und ebenfalls unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit weiterentwickelt werden. Mit dem Breitbandausbau verbinden die Abgeordneten die Hoffnung auf die Ansiedlung von innovativen Unternehmen und Starups in der Region. Beim Schließen von Funklöchern und dem Ausbau des 5G-Funknetzes sind bereits Fortschritte zu verzeichnen, nun gilt es, auch die Auto-, Bahn- und Schiffsverbindungen zu stärken. Die Hochschule Emden/Leer soll „eine entscheidende Rolle für die Zukunftsgestaltung der Region spielen“ und „zum Zentrum des Strukturwandels werden“. Konkrete Maßnahmen für den Altkreis Norden werden nicht genannt.

 

Förderung von Tourismus-Projekten

Nicht gänzlich leer geht der Altkreis bei der Förderung von vier Tourismus-Projekten aus, die Althusmann gestern ebenfalls im Rahmen seiner Sommerreise in Ostfriesland bekannt gab.

„Der Tourismus spielt in Ostfriesland eine besondere Rolle. Die geförderten Projekte sorgen für unvergessliche Erlebnisse bei den Besuchern – sowohl für Kultur- und Wissenschaftsinteressierte als auch für Sportbegeisterte“, so Althusmann.

Mit insgesamt über sechs Millionen Euro im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) werden das Theater Emden als überregionales Kulturzentrum und das Küstenmuseum Wilhelmshaven gefördert. Auch das Wassermuseum und Erlebnis- und Bildungszentrum „Watertoorn Börkum“ auf Borkum und das interkommunale Kooperationsprojekt „Wasserwandern mit Muskelkraft“ können sich über finanzielle Unterstützung freuen.

(Photo: ahundt, pixabay.com, CC0)

Mit diesem Projekt plant der Landkreis Aurich durch neue wassertouristische Infrastrukturen das Wassersportrevier Ostfriesland für Ruderer, Kanu- und Kajakfahrer noch attraktiver zu machen. Das Wirtschaftsministerium fördert dies mit rund 642.000 Euro. Kooperationspartner sind hierbei außerdem die Stadt Emden, Stadt Aurich, Gemeinde Großefehn, Gemeinde Hinte, Gemeinde Ihlow, Gemeinde Krummhörn, Gemeinde Südbrookmerland, Samtgemeinde Brookmerland und der Emder Ruderverein.

Für das Projekt werden bestehende Paddel- und Pedalstationen weiter ausgebaut. Außerdem sollen neue Anlegestellen gebaut werden, damit zum einen das touristische Wassernetz erlebbarer wird und zum anderen touristische Einrichtungen auch vom Wasser aus erreicht werden können. Außerdem ist ein Besucherlenkungssystem auf dem Wasser geplant.

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