Ostfriesland im Klimawandel

Starkregen, Hochwasser und Sturmflut sind alte Bedrohungen Ostfrieslands. Die Auswirkungen des Klimawandels werden nun wissenschaftlich untersucht.

Das Wattenmeer und der küstennahe Bereich zeichnen sich durch eine hohe Artenvielfalt aus, die durch einen klimawandelbedingten beschleunigten Meeresspiegelanstieg auf längere Sicht gefährdet sein kann. (Foto: © Stadt Norden)

Durch den Klimawandel steigt der Meeresspiegel und mit ihm die Gefahr der Überflutung an den Küsten und Inseln Ostfrieslands. Bislang sind die Menschen im Altkreis Norden zum Beispiel durch Deiche am Meer und Schleusen und Pumpen im Inland vor Überflutungen geschützt. Doch ob die bisherigen Maßnahmen ausreichen, soll nun wissenschaftlich untersucht werden.

Koordiniert wird das Projekt vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht, mit dabei sind unter anderem die Uni Oldenburg und die Jade Hochschule. Für das gemeinsame Projekt zum Klimaschutz in Ostfriesland erhalten sie 2,3 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, wie der NDR berichtet.

In dem Projekt WAKOS – „Wasser an den Küsten Ostfrieslands: Basis für maßgeschneiderte Klimaservices für die Anpassung“ erfolgt eine kombinierte Betrachtung des Küstenschutzes und der Binnenentwässerung. Der Projektkoordinator und HZG-Küstenforscher Dr. Ralf Weiße erklärt: „Bereits seit einigen Jahren existieren Forschungsprojekte in Ostfriesland, die sich mit dem Klimawandel und den Folgen für die Region befassen. Die WAKOS-Projektpartner haben sich alle aktiv an dieser Forschung beteiligt und ihre Ergebnisse fließen in dieses neue Verbundprojekt ein.“ So konnte zum Beispiel in einem Vorläuferprojekt gezeigt werden, dass das Anlegen von Wasserrückhalteflächen dabei hilft, Überlastungen der Binnenentwässerung einzudämmen und das Aufsteigen salzhaltigen Grundwassers zu vermeiden. Ebenso wurden Bedingungen für extreme Sturmfluten und der Umgang in der Bevölkerung damit erforscht, also etwa, welche Informationen die Menschen in der Region benötigen und wie Informationen zum Handeln helfen.

 

Von Ostfrieslands Erfahrung profitieren

Die Küstenforscher des Helmholtz-Zentrums Geesthacht werden in ihrem Teilprojekt Klimamodellrechnungen anpassen und neu berechnen. Die mögliche zukünftige Entwicklung wird dabei in mehreren Szenarien betrachtet. Prof. Dr. Beate Ratter von der Universität Hamburg ist für den sozialwissenschaftlichen Teil des Projekts zuständig. Es geht darum, den Informationsbedarf der Einheimischen zu analysieren, gemeinsame Strategien mit den Akteuren zu entwickeln und das lokale Wissen für die Forschenden zugänglich zu machen. „Das ist ein kaum zu überschätzender Datenschatz in einer Region, die seit 1500 Jahren Erfahrung mit dem Küstenschutz hat“, so Beate Ratter.

Die Forschungsstelle Küste im NLWKN bildet dabei die Schnittstelle zwischen Forschung und Praxis: Hier werden zielgerichtet zusammen mit den Akteuren in der Region Ostfriesland Informationen und Bedarfe zusammengetragen und konkretisiert. Außerdem untersuchen die Wissenschaftler der Landeseinrichtung die morphologische Reaktionsfähigkeit des Insel- und Küstenvorfeldes auf die innerhalb des Projektverbundes entwickelten Klimaszenarien. „Denn von der Anpassungsfähigkeit der Riffe und Watten unter sich verändernden klimatischen Bedingungen hängt die zukünftige Belastung auf die Deiche, Strände und Dünen ab“, erklärt der Leiter der FSK, Dr. Andreas Wurpts.

 

Beliebter Forschungsgegenstand

Das Interesse der Wissenschaft an den Auswirkungen der Erderwärmung auf Ostfriesland ist nicht neu. Bereits 2016 untersuchten internationale Wissenschaftler um Prof. Dr. Michael Kleyer von der Universität Oldenburg im Rahmen des universitätsübergreifenden Forschungsvorhabens COMTESS in der Krummhörn Landflächen.

Das Forschungsvorhaben entwickelte Modelle, um die ökologischen Folgen eines Anstieg des Meeresspiegels für Ostfriesland abzuschätzen. Außerdem wollten die Wissenschaftler Gegenmaßnahmen entwickeln und dabei die Interessen und Ansichten der Bewohner und Landnutzer vor Ort bei ihren Empfehlungen berücksichtigen. Die Ergebnisse wurden u.a. in einer Wanderausstellung in der Krummhörn und in Norden vorgestellt.

2019 sorgte die Uni Princeton für einen Schreckmoment: Die bisherige Sicherheit, die Deiche seien hoch genug, um auch dem steigenden Meeresspiegel standzuhalten, beruhe auf falschen Daten. Indes galt diese Untersuchung wiederum nicht für Ostfriesland.

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