Ostfriesland abgehängt?

Der Teilhabeatlas untersucht die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland. Ostfriesland zählt demnach zu den abgehängten Regionen.

Die „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet“ ist laut Artikel 72 des Grundgesetzes eines der Ziele der Gesetzgebung. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung nennt die „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“ besonders zwischen Stadt und Land gleich an mehreren Stellen. Hier werden auch diverse Maßnahmen vorgeschlagen, wie dieses Ziel erreicht werden soll. Denn darüber, dass innerhalb Deutschlands große regionale Unterschiede etwa bei der ärztlichen Versorgung, der Infrastruktur und Arbeitswelt oder dem Zugang zu Bildungs- und Kulturangeboten bestehen, macht sich niemand Illusionen.

 

Gleichwertige Lebensverhältnisse?

Womöglich ist es aber auch eine Illusion zu glauben, gleichwertige Lebensverhältnisse im ganzen Land seien politisch machbar. Das nämlich ist das Fazit des sogenannten „Teilhabeatlas“. Das Berlin-Institut und die Wüstenrot-Stiftung haben die Lebensqualität in 401 Landkreisen und kreisfreien Städten untersucht und Menschen vor Ort nach der wahrgenommenen Lebensqualität befragt. Dabei ging es u.a. um Breitband-Internet, Einkommen, Arbeitsplätze, Wohnraum, Schwimmbäder, Theater, Schulen, Ärzte und Supermärkte im Umkreis. Demnach ist man auf dem Land nicht unbedingt schlechter dran als in der Stadt. Es gibt nämlich auch erfolgreiche ländliche Regionen und verarmte Städte mit vielen Problemen. Die Analyse aller Regionen offenbart damit erhebliche Differenzen in den gesellschaftlichen Chancen ihrer Bewohner.

 

Ist Ostfriesland abgehängt?

Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung ist ein unabhängiger Thinktank, der sich mit Fragen demografischer Veränderungen beschäftigt. Die Wüstenrot Stiftung arbeitet gemeinnützig in den Bereichen Denkmalpflege, Wissenschaft, Forschung, Bildung, Kunst und Kultur.

Ihr gemeinsamer „Teilhabeatlas“ steht kostenfrei als PDF-Datei zur Verfügung. Die Studie zeigt, dass die Versorgung in Städten und auf dem Land in Süddeutschland prinzipiell besser ist. Nur wenige Landkreise im Westen haben mit ähnlich großen strukturellen Problemen zu kämpfen wie Ostdeutschland.

Kartenausschnitte aus dem Teilhabeatlas ist ein gemeinsames Forschungsprojekt des Berlin-Instituts und der Wüstenrot Stiftung.

Der Altkreis Norden gehört mit dem Landkreis Aurich und 57 ländlichen Kreise, die überwiegend in den ostdeutschen Bundesländern liegen, zu den in der Studie sogenannten „abgehängten Regionen“. Sie zeichnen sich aus durch

  • viele Schulabbrecher und Arbeitssuchende
  • geringes Einkommen und Steueraufkommen
  • geringe Lebenserwartung
  • stärkere Abwanderung
  • schlechte Breitbandversorgung
  • sehr geringe Nahversorgung

Nur bei den Arbeitslosen und der Lebenserwartung weisen die durch den Strukturwandel gebeutelten Großstädte noch schlechtere Werte auf. Strukturschwache Regionen drohen in einen Teufelskreis zu geraten, in dem sich Bevölkerungsrückgang und ein Abbau der Daseinsvorsorge gegenseitig verstärken. Viele junge Menschen kehren diesen benachteiligten Regionen auf der Suche nach einem besseren Leben den Rücken.

Die Studie empfiehlt der Politik, sich auf eine bundesweite Grundversorgung etwa mit Strom, Wasser, schnellem Internet, Schulen, Polizei und Sicherheit zu konzentrieren. Außerdem soll sie bei der kommunalen Daseinsvorsorge neue Wege wagen.

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