Die Amsel hat den Schnabel vorn

Fast 1.000 Vogelfreunde sorgen in Ostfriesland für Teilnahmerekord bei der „Stunde der Wintervögel“ – der Vogelbestand allerdings hat abgenommen.

Aurich – Viele Menschen in Ostfriesland treibt in diesem Winter die Frage um: Wo sind nur die Vögel geblieben? Auffallend wenig Meisen, Finken und andere Vögel ließen sich in den vergangenen Monaten an den Futterstellen blicken. Dass diese Beobachtung flächendeckend zutrifft, bestätigte jetzt Deutschlands größte wissenschaftliche Mitmach-Aktion, die „Stunde der Wintervögel“. 975 (+20 % im Vergleich zu 2016) ostfriesische Vogelfreunde zählten Anfang Januar eine Stunde lang 21.842  (-1,5 %) Vögel in 641 (+19 %) Gärten und meldeten die Beobachtungen an den NABU – ein absoluter Rekordwert für Ostfriesland. Erstmal hatte dabei die Amsel den Schnabel vorn.

 

So wenige Vögel wie noch nie

„Die fantastische Teilnehmerzahl hat uns sehr gefreut. Allerdings hat die Sorge um ausbleibende Vögel viele Menschen beschäftigt. Und in der Tat: So wenige Vögel wie in diesem Winter hatten wir schon lange nicht mehr“, sagte NABU-Regionalgeschäftsführer Ostfriesland Jan Schürings. Insgesamt beobachteten die Teilnehmer durchschnittlich 17 Prozent weniger Tiere als in den Jahren zuvor.

Vor allem Meisen, Finken und Spatzen wurden deutlich seltener gesichtet. Insgesamt wurden pro ostfriesischem Garten im Schnitt nur rund 34 Vögel beobachtet – sonst liegt der Schnitt bei rund 41. Zudem nahm die Anzahl der beobachteten Arten in allen 3 ostfriesischen Landkreisen sowie der Stadt Emden ab.

„Einige Arten hatten dieses Jahr offenbar kaum Wanderlust – was zu den teils deutlichen Rückgängen geführt hat. Das gilt vor allem für jene, die im Winter häufig Besuch von ihren Artgenossen aus dem kälteren Norden und Osten bekommen. Dazu zählen auch die meisten Meisenarten“, so Schürings. Manche Wintervögel haben wohl aufgrund des – bis zum Beginn des Zählwochenendes – noch extrem milden Winters auf halber Zugstrecke Halt gemacht.

 

Amselbestand nicht bedroht

Foto: Frank Derer, NABU
Entgegen erster Befürchtungen scheint der Usutu-Virus keine Auswirkungen auf den Amselbestand zu haben. (Foto: Frank Derer, NABU)

Im Gegensatz dazu sind Arten, die im Winter von Deutschland aus teilweise nach Süden abwandern, in diesem Jahr besonders häufig hier geblieben. Dies trifft insbesondere auf Amseln und Ringeltauben zu, welche deutlich häufiger als in den Vorjahren beobachtet wurden. Die Ergebnisse der Wintervogelzählung zeigen somit auch, dass das unter Amseln grassierende Usutu-Virus keine Auswirkungen auf den Gesamtbestand der Art hatte.

Entsprechend deutlich zeigen sich die Verschiebungen auch in der Rangliste der häufigsten Wintervögel: Vor dem Dauer-Spitzenreiter Haussperling setzte sich die Amsel – etwas überraschend – auf Rang eins (2016 Platz 2). Die Kohlmeise liegt wieder auf Rang 3, gefolgt von der Blaumeise auf Rang 4 und dem Buchfink auf Rang 5.

Neben der geringen Zuglust könnten auch weitere Faktoren Einfluss auf die Ergebnisse gehabt haben. Nicht ausgeschlossen ist, dass Meisen und andere Waldvögel im Frühjahr einen schlechten Bruterfolg hatten. Ob diese Vermutung zutrifft, wird die im Mai stattfindende Schwesteraktion „Stunde der Gartenvögel“ zeigen. Dann sind Ostfrieslands Vogelfreunde wieder aufgerufen, eine Stunde lang die Vögel zu zählen. Hier stehen die Brutvögel im Fokus.

 

Die jährlichen Mitmach-Aktionen

Der NABU und LBV rufen einmal im Jahr zur „Stunde der Wintervögel“ bzw. „Stunde der Gartenvögel“ auf. Es ist Deutschlands größte wissenschaftliche Mitmach-Aktion. Die nächste „Stunde der Gartenvögel“ findet über Muttertag vom 12. bis 14. Mai 2017 statt. Je mehr Menschen an der Aktion teilnehmen, desto genauer werden die Ergebnisse.

Die regionalen Ergebnisse auf Landkreisebene können online abgerufen werden unter https://niedersachsen.nabu.de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/stunde-der-wintervoegel/13104.html

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