(Norden) Das Auto ist der Deutschen liebstes Kind. Die Karosserie zeigt, was man hat. Die Farbe gibt Auskunft über Stimmung und Typ des Halters. Dessen Herkunft, Initiale und Geburtstag lassen sich von vielen Nummernschildern ablesen. Allerdings ist diese Verortung nicht nur im Landkreis Aurich seit der Kreisreform mit einiger Unschärfe verbunden. Vom 1. August 1977 an galten hierzulande auch Autos aus Norddeich, Hage oder Großheide dem Blech nach als AURicher. Denn der Altkreis Norden war Geschichte und mit ihm das Herkunftssiegel NOR.
Diese Identitätspsychologie schwang auch in einer Heilbronner Studie mit, derzufolge drei Viertel der Befragten eine Rückkehr abgeschaffter Kennzeichen befürworten. Raimond Groeneweg vom Fachdienst Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing der Stadt Norden würde seinen Job schlecht machen, hätte er diese Vorlage nicht aufgegriffen: Gemeinsam mit 200 weiteren Kommunen wurde also auf eine Änderung der Straßenverkehrszulassungsordnung hingearbeitet – ein Projekt, bei dem alle politischen Ebenen des deutschen Föderalismus grünes Licht geben müssen.
Vielleicht schon im Herbst bekommen die Old Timer mit NOR-Kennzeichen wieder Gesellschaft jüngerer Fabrikate. (Foto: Raimond Groeneweg)
Das niedersächsische Landesministerium für Wirtschaft, Arbeit, Soziales unterstützte die Initiative erst, als sich auch andere Bundesländer bereit zeigten, vor Jahrzehnten ausgelaufene Kennzeichen wieder vergeben zu lassen. Die Verkehrsministerkonferenz rief daraufhin im April 2011 den Bund auf, die nötigen Voraussetzungen zu schaffen, nachdem sie die Bedingungen erfüllt sah. Denn die Kennzeichenliberalisierung sollte kostenneutral und freiwillig sein sowie die seit Ende der 70er gewachsene Identität der neu geordneten Landkreise respektieren, wie Christian Budde vom Landesministerium erklärt.
Vorwärts in die Vergangenheit will Groeneweg von der Stadt Norden auch gar nicht, weshalb er sich – anders als andere Kommunen im Streben nach ihrem alten Kennzeichen – der Unterstützung des Landkreises Aurich erfreuen kann, der die Kennzeichen herausgibt. Es gehe nicht um alte Kreisgrenzen. Die Vergabe des Kennzeichens NOR sei bloß eine bürgerfreundliche Aktion, von der sich Groeneweg auch einen großen touristischen Werbeeffekt verspricht. Dem Kreis winken überdies Zusatzeinnahmen, da ein NOR-Kennzeichen neben den üblichen Zulassungsgebühren 12,80 Euro extra kosten wird.
Das Bundesverkehrsministerium hat inzwischen den nötigen Gesetzesänderungsentwurf an die Länder zur Prüfung weitergegeben. Er soll den Landkreisen die Möglichkeit einräumen, auch mehrere Kennzeichen – im Landkreis Aurich also NOR oder AUR – zu vergeben. Ob das jedoch noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet wird, konnte das Ministerium nicht bestätigen.
Unter Vorbehalt kann man sich bei Groenweg aber bereits um ein NOR-Wunschkennzeichen bewerben. Vorsichtig rechnet er damit, dass etwa im dritten Quartal die 600 noch vorhandenen Old Timer und Trecker mit NOR-Kennzeichen wieder die Gesellschaft jüngerer Fabrikate bekommen.